Verschwundene Burgen an Saale-Unstrut
von Dr. Reinhard Pätz

Vorwort

Überall ging es um die Suche nach der verschwundenen Stadt „Vineta“. Auch etliche Bücher erzählen davon, aber wo das genau war, ist bis heute unbekannt. Nach der Wende konnte man als Familie die Stadt Quedlinburg, die Neuenburg bei Freyburg, das wieder aufgebaute Tilleda und andere Burgen oder Burgruinen besuchen, schöner als vorher. Bis auf Tilleda sind es allerdings alles Burgen oder Burgruinen aus Stein, die nach dem 11. Jahrhundert als solche entstanden waren. Aus der Zeit der Thüringer Könige, der Könige der Franken und schließlich der Könige und Kaiser der Sachsen gab es aber auch schon Burgen. Es waren solche aus Holzkonstruktionen mit Erd- und Steinfüllungen. Durch Zufall wurde die sogenannte „Jagdburg“ der Ottonen bei Siptenfelde gefunden. Sie ist mehr als 1,8 km vom heutigen Ort Siptenfelde entfernt. So könnten auch andere ehemalige Burgen Jahrhunderte lang existiert haben, ohne bisher entdeckt  worden zu sein. Wäre es nicht interessant, solche Burgen auf alten Hügeln oder in Erdwällen zu suchen oder durch frühere Namen zu schließen? So könnte man zeigen, dass neben den Burgen wie „Neuenburg“ und „Querfurt“ und Burgruinen wie „Rudelsburg“, „Schönburg“ und andere auch die bekannten Herrscher wie Karl der Große oder die Heinrichs und Ottos Burgen hatten. Schließlich war das Gebiet zwischen Saale und Unstrut schon vor mehr als tausend Jahren ein Zentrum Mitteleuropas. Und das nicht erst, als die Burgen zu Schlössern umgewandelt wurden.


Frühe Burgen an Saale und Unstrut

Zur Zeit Barbarossas soll es etwa 13 000 bis 14 000 Burgen gegeben haben. Burgen aus Stein. Mehr als die Hälfte sollen wieder gänzlich verschwunden sein. Die meisten noch bekannten Burgen sind mehr oder weniger umgebaut oder Ruinen. Einige Burgruinen in Saale und Unstrut sind die, die man besuchen kann. Andere werden nur von besonders Interessierten gefunden.   So soll im 11. Jahrhundert an der Selke im Gegensatz zu allen anderen Burgen die erste Burg aus Stein entstanden sein. Eine Burg ohne Holz, damals „Ohn Holt“. Die „Ohn Holt“ wurde mehrfach zerstört. Heute findet man nur noch eine Ruine. Aber der Name „Ohn Holt“ ist heute als Landgebiet „Anhalt“ bekannt. Allgemein gab es die Burgen zur Zeit der Kelten und später der Germanen nicht als Burg in dem Sinne. Es waren Wallanlagen als Fliehburgen bei Angriffen oder Fluchtburgen in Handelsplätzen. Eine solche große Wallanlage soll im 6. Jahrhundert zur Zeit der Thüringer vorhanden gewesen sein. Das wird jedenfalls über den Niedergang der Thüringer unter König Hermanifried im Jahr 531 beim heutigen Burgscheidungen berichtet. Den Sagen nach zu urteilen hatten die alten Thüringer Wallanlagen nicht nur in Burgscheidungen, sondern auch am Haineberg bei Freyburg oder als die Altenburg bei Nebra.
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Apropos Freyburg. Darüber wird erzählt, dass der Name erstmals in Verbindung mit der Bildung der „Neuenburg“ beschrieben wurde und dass der Ort mit freien Bürgern selbständig, aber in enger Verbindung mit den Herrschern der Neuenburg galt. Eine Stadtgründung kam aber erst zustande, nachdem die Thüringer Landgrafen verschwunden waren und Freyburg durch die Wettiner erstmals 1265 als Stadt erwähnt wurde. Kann es nicht auch sein, dass Freyburg nicht schon Jahrhunderte früher ein Zentrum der Handels- und Heeresstraßen war, die von Frankfurt über die Unstrut in Balgstädt bis hin zur Saale bei Merseburg oder über Weißenfels nach Osten führten. Wahrscheinlich trennten sich die bei Freyburg.  Könnte da nicht eine Burg existiert haben, an einer Ecke, an der („Hald-)Ecke“ ? Und war das nicht hier, wo der Weg der Frankenheere beschützt und im Bedarfsfall schnell gesichert wurde? Das wussten bestimmt schon die germanischen Thüringer.
Übrigens herrschten die Franken an Saale und Unstrut sehr intensiv. Insbesondere zur Zeit der Karolinger waren sie mit Pippin und seinen Söhnen Karlmann und Karl (dem Großen) hier aktiv. Sie entwickelten ein Schutzgebiet gegen die Slawen entlang der Saale. Ihre Burgen waren aber keine Steinburgen. Als heutige Orte sind Lettin, Halle, Schkopau, Merseburg, Keuschberg (in Bad Dürrenberg), Burgwerben (Teil von Weißenfels), Goseck, Almrich („Altenburg“ in Naumburg), Dornburg, Jena und Saalfelg entlang der Saale bekannt. Dazu gab es eine zweite Reihe von Burgen. Ihre bekanntesten sind Seeburg, Querfurt, Vitzenburg und Burgscheidungen. Die Orte haben oft den Namen „Burg“ demnach in der Karolingerzeit erhalten. Nach den Franken kamen die Sachsen als neue Herrscher. Als Teil der Franken im Osten nannte man sie „Ostfranken“.  Allen bekannt sind Heinrich I., sein Sohn Otto I. (der Große) und die Enkel und Urenkel Otto II., Otto III. sowie schließlich Heinrich II. (als Großcousin), die „Ottonen“. Viele Sagen und Märchen erzählen von der Zeit der Ottonen. An Saale und Unstrut gab es auch bei den Ottonen wichtige Burgen. Als Königsorte an der „Goldenen Aue“ sind Allsted als „Tausendjährige Kaiserpfalz“ und Tilleda als Königspfalz bekannt. In den letzten  Jahrzehnten ist besonders Tilleda mit einer ehemaligen Burg aus Holz wieder aufgebaut worden. Dagegen ist von der „Tausendjährigen Kaiserpfalz“ Memleben von Heinrich I. und seinem Sohn Otto I. bis heute nicht bekannt, wo diese Pfalz wirklich war. Anders als in Tilleda kann man hier weder eine Burg, sicher zu der Zeit aus Holz und Erdwällen, noch die Größe und Gestalt vorzeigen. Ganz zu schweigen von den Herzen der Ottonen Heinrich I. und Otto I. nach ihrem Tod in Memleben. Während man die Gebeine von Heinrich I. in Quedlinburg und Otto I. in Magdeburg der ganzen Welt erzählt, zeigen nur wenige, dass die Könige in Memleben gestorben und deshalb ihre Herzen dort vergraben wurden.
Ein weiteres Zentrum, Merseburg, war schon zur Zeit der Franken- und Sachsenherrscher eine der bedeutendsten Burgenorte. Weltbekannt sind der Dom und das Schloss Merseburg. Aber wo war die Burg, die zum Namen „..burg“ führte? Heute deuten die Straßennamen „Oberaltenburg“ und „Unteraltenburg“ sicher noch auf die „Alte Burg“ hin. War dort diese Burg, in der die Heinrichs und Ottos gern feierten? Die Jahrhunderte verschwundene Klosterkirche „Petrikloster“ in der Nähe der alten Burg soll 936 von Otto I. selbst begründet worden sein. Zum Glück wird diese Kirche von einem Verein  in den letzten Jahrzehnten wieder aufgebaut und hoffentlich von immer mehr Menschen besucht.
Ganz in der Nähe von Merseburg gibt es noch eine verschwundene Burggegend. Der Sage nach gab es einen Ort „Riade“, dort, wo König Heinrich I. die Hunnen 933 besiegt hat. Das belegen mehrere Bücher. Aber war das vielleicht in der Nähe von Merseburg am „Keuschburg“ (heute Bad Dürrenberg)? Die damaligen Ritter hielten sich nur eine Tagestour entfernt dort auf. Oder gab es dort eine Burg, zu der Zeit aus Holz?
Eine weitere Burg von Heinrich I. bis zur Zeit Barbarossas war die damals bedeutende Burg „Wallhausen“. Heinrich I. hatte in der Burg Wallhausen seine zukünftige Ehefrau Mathilde geehelicht.  Heute ist eine Burg unbekannt, obwohl Otto der Große wahrscheinlich in Wallhausen geboren und als Kleinkind dort erzogen wurde. Nach Heinrich I. haben noch viele weitere Könige bis ins 12. Jahrhundert in Wallhausen Hof gehalten. Auch Friedrich I. Barbarossa. Aber wo war diese bedeutende Burg? Nur die Einwohner wissen vielleicht mehr. Aber weder aus Magdeburg (Otto I.) noch Berlin (Kaisers Kyffhäuser) geht man gern auch nach Wallhausen.
Neben den Ottonen selbst waren auch die Pfalzgrafen der königlichen Sachsen in der Region als Herrscher zugegen, besonders in Goseck. Das war einee der Orte der Grafen des Hassegaus. Goseck ist noch heute in alten Karten zu finden. Als Pfalzgrafen hatten sie sogar den Namen „Graf von Goseck“.  Wo aber gab es eine Burg für die Grafen und Pfalzgrafen? Sicher war es, wie zu der Zeit üblich, nicht eine Burg aus Stein, sondern aus Holz. Die Burg der Grafen war jahrhundertelang eines ihrer wichtigsten Aufenthalte. Leider wurde die Holzburg zugunsten einer anderen, neueren Burg an der Unstrut beseitigt. Stattdessen wurde in Goseck eines der bischöflichen Klosterzentren im Auftrag des Pfalzgrafensohnes, dem legendären Erzbischof Adalbert zu Bremen und Hamburg, errichtet. Die neue Burg der Pfalzgrafen war die Burg „Winneburg“, „Wissenburg“ oder „Weißenburg“. Heute wissen nur wenige Besucher in Zscheiplitz, dass es die Burg dreier Pfalzgrafen der Sachsen, nämlich Dedo, Friedrich II. und Friedrich III., war.  Der Name der Burg als Pfalzgrafenhof ist kaum beschrieben. Damit ist weder eine Burg in Goseck noch eine Burg bei Zscheiplitz zu finden. Anstelle soll der slawische Name „Sci.. schon damals genutzt wurden sein. Aber warum ist dann noch der Name „Weißenburg“ zu finden? Und genau diese Burg könnte mit dem gesuchten „Vineta“ in der Ostsee in Verbindung stehen. So können „Winne-burg“ und „Vine-ta“ sowie „Wihen-nahte“ die Bezeichnung „Geweiht“ bedeuten und aus der Zeit der Sachsen bzw. des Erzbischofs Adalbert kommen. Zumindest die „Geweihten Nächte“ sind heute bekannt, als „Weihnachten“.
Wie ein paar Ideen in der Einleitung zeigen konnten kann über Burgen an Saale und Unstrut philosophiert werden. Mit möglichen Burgen (oder Wallanlagen) der alten Thüringer (als Angeln und Warnen), der Franken und der ersten Sachsen soll begonnen werden. Das wäre die Zeit des 5. oder 6. Jahrhunderts bis ins 11. Jahrhundert zur Zeit der sogenannten „ersten Deutschen“. Besonders von Heinrich I. gibt es etliche Sagen. Aber wo seine Burgen waren, sind bis auf wenige gegenwärtig nicht zu finden. Schließlich waren die Sachsen auch nach den Heinrichs und Ottos als Pfalzgrafen noch bedeutend. Die meisten Burgen sind mit ihnen verschwunden. Ihre Nachfolger, die Landgrafen der Thüringer, die Ludowinger, und die Bischöfe von Merseburg und Zeitz (vorübergehend in Naumburg), sind bis heute in bekannten Domen zu besuchen.