Der Ort Memleben ist ein bekannter Ort, besonders als Kinderwelt zwischen Leipzig und Erfurt. Viele junge Leute kommen mit ihren Kindern, um einen schönen Tag im Erlebnistierpark zu verbringen. Dass Memleben vor mehr als tausend Jahren ein königliches Zentrum nördlich der Alpen war, wissen dagegen die wenigsten jungen Leute. Und oft interessieren sich diese jungen Leute auch nicht für irgendwelche Geschichte.
Wann Memleben das erste Mal erwähnt wurde, ist unbekannt. Erste Ergebnisse wurden schon für die Steinzeit gefunden. Der Name „-leben“ ist typisch für die Periode der Germanen, vor allem bei den Angeln bzw. Thüringer zwischen dem 3. und 5. Jahrhundert. Dafür ist der Name „..leben“ charakteristisch. Außer Memleben sollen auch Roßleben, Lodersleben, Ringleben, Bilzingsleben, Oldisleben und andere Orte in der Nähe der Unstrut entstanden sein. Erstmals geschichtlich erwähnt wurde Memleben als „Mimelebe“ im 8. Jahrhundert zur Zeit der Franken, insbesondere der Karolinger. Pippin III. und seine Söhne Karleman und Karl der Große sollen mehrfach das Gebiet bis zur Saale und Weißen Elster gegen die nach Westen vordringenden Slawen verteidigt haben. Besonders unter Karl dem Großen wurde das 775, 782 und 786 urkundlich erwähnt. Auch König Konrad I., der erste König der Ostfranken (später als Deutsche bezeichnet) nach der Aufteilung der Franken, soll unter anderem öfter in oder bei Memleben gewesen sein.
Aber besonders bedeutend wurde Memleben zur Zeit der Sachsen ab etwa 900. Die Liudolfinger, ein Geschlecht der ehemaligen Franken als neue Herrscher der Sachsen, waren aus Gatersheim (westlich des Harzes) über den Harz in den Südharz gekommen. Otto der Erlauchte, der Vater Heinrichs I,. und erste Herzog der Ottonen, hatte in Wallhausen an der Helme eine Burg errichten lassen. Entlang der Helme entstanden noch weitere Burgen in einer Reihe von Orten, die damals neben Wallhausen bedeutend waren. Noch heute erkennt man die Königspfalzen Tilleda und Allstedt. Und offensichtlich waren die ottonischen Burgen Tilleda, Wallhausen und Allstedt an einem Königsweg gelegen, der die Helme entlang bis zu deren Aufnahme in die Unstrut (bei dem heute wüsten „Odienfurt“) nach Memleben und Wendelstein führte . Auf der anderen Strecke über den Harz geht es auf kürzestem Weg über Harzgerode, Bodfeld bzw. Siptenfelde und Gernrode bis nach Quedlinburg.
Memleben selbst war eine der Lieblingsorte einer Königspfalz. Wallhausen war es zwar, wo Heinrich I. seine Mathilde heirate, aber dann ließ er besonders den Ort Memleben als eine Königspfalz ausbauen. Für Heinrich I. war Memleben einer der schönsten Orte. Er weilte sehr gerne dort. In einer Sage soll König Heinrich I. die Region liebevoll erwähnt haben.
Wie wohl mir steht allhier mein Leben, wend ich mein Roß auf diesem Stein.
Benannt sind so die Ort Wiehe, Wohlmirstedt, Allerstedt, Memleben, Roßleben und Wendelstein.
Das Gebiet bei Memleben war eine große offene Gegend mit damals einem fischreichen See. Darüber hinaus war die Unstrut ein Sumpfgebiet, besonders im Frühschmelzwasser, das für die Vogeljagd genutzt werden konnte. In der Nähe von Wangen gibt es die „Steinklöbe“. Es ist die Stelle, an der die Berge an die Unstrut herantreten. Der Sage nach war durch eine Verengung an dieser Stelle ein See entstanden, zwischen Memleben und Wangen. Ein Mönch soll gemeinsam mit dem Teufel die enge Stelle durchbrochen haben, so dass das Wasser des Sees verschwand. Für die Königspfalz Memleben kann der See neben Wald und Land noch als dritte bedeutende Narungsquelle existiert haben, reich an Fischen, Enten, Gänsen und Schwänen. Dann waren die Könige Konrad I., Heinrich I. und Otto I. noch viel lieber zum Essen nach Memleben gekommen.
Unter Leitung der Ottonen, besonders durch Heinrich I., wurden dort Reichstage abgehalten und Urkunden unterschrieben. Die Sachsen haben oft mit ihren Verwandten getagt, wie zum Beispiel mit den Markgrafen der Ostmark und den daraus später entstandenen Markgrafen von Merseburg, Meißen, Zeitz und der Lausitz. Heinrich I. ist auch in Memleben, offensichtlich seiner Lieblingspfalz, 936 gestorben, nachdem er nach einer Jagd im Harz einen Schlaganfall hatte. Sein Körper kam in die Abtei Quedlinburg, in der seine Gemahlin von da an lebte. Sein Herz aber blieb in Memleben. Es ist bis heute nicht zu finden. Auch sein Sohn Otto, später König Otto der Große, war oft in Memleben. Nirgendwo sonst gibt es so viele Urkunde von ihm wie in Memleben. Otto I. ließ in Memleben einen Dom in Erinnerung an seinen Vater Heinrich I. planen. Mit 82 m Länge und 40 m Breite wurde er begonnen. Er war damals eines der größten europäischen Bauwerke nördlich der Alpen. Allerdings wurde er nie oberhalb der Grundmauern fertig gestellt, denn auch Otto I. starb in Memleben, plötzlich nach schönen Tagen in Merseburg. Ottos Körper wurde seiner Gemahlin Adelheid in ihrer geliebte. Kirche Magdeburg übergeben, aber auch sein Herz blieb in Memleben. Von seinem Sohn Otto II., dem nun herrschenden römisch-deutschen König, wurde gemeinsam mit seiner Gemahlin Theophanu ein Benediktinenkloster zusätzlich errichtet. Offensichtlich wurde es aber von Anfang an sittlich missbraucht, denn der letzte der Ottonen, Heinrich II., ließ den Dom mit allen dazugehörigen Anlagen nicht weiter bauen, sondern einen neuen Dom in Bamberg. Und das, obwohl Heinrich II. sehr gern im Südharz und besonders in Merseburg war.
Die Arbeiten am Dom Memleben wurden beendet, bevor er geweiht und in Betrieb genommen wurde. Das Kloster wurde aber weiter betrieben. Es existierte noch ein paar hundert Jahre. Dann wurde es nach und nach zerstört. Im 19.Jahrhundert gab es die ersten denkmalpflegerischen Bemühungen. Schinkel versuchte, diese Bauten des frühen Mittelalters zu sichern. Einige Bücher entstanden darüber. Aber es ging um das ehemalige Kloster, nicht um eine ehemalige Königspfalz. In den letzten Jahrzehnten wurde viel „gebuddelt“ und einige Exponate aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit wurden entdeckt. Lediglich der Königshof mit all seinen Gebäuden wurde unerklärlicherweise nicht gefunden.
Einige Historiker sind der Meinung, dass die Königspfalz nicht in Memleben war, sondern in Kleinmemleben, einem Ortsteil näher am Ort Wendelstein. Sie wäre so mehr durch eine Burg geschützt gewesen. Die Burgruine Wendelstein steht direkt an der Unstrut. War also das die Burg des Königshofes Memleben? Rings um die Burg befindet sich ein weites flaches Gelände, so dass die gesamte Königspfalz schon von weitem erkennbar wäre. Und der Ort ist direkt an der Unstrut. Jedes Jahr im Frühjahr kam die Schmelze mit enormer Wucht. Erst im 18. und 19. Jahrhundert wurde das verändert. Bisher wurde der Ortsname mit „-leben“ germanischen Ursprungs. Also war Memleben schon vor der Karolingerzeit ein Ort. Und das Jahr für Jahr im Wasser? Sinnvoll wäre das nur in erhöhter Form.
Zur Zeit der Sachsen wurden zentraler Wallanlagen oder Burgen in frühmittelalterlicher Form als Wehrbau einschließlich Aufenthaltsort als Pfalzen erweitert.. Die Orte waren demnach nicht nur eine Burg, sondern ein höfischer Repräsentationsort des Königs. Damit verbunden waren wirtschaftliche Anforderungen und wehrtechnische Funktionen. Noch heute erkennt man das alles für Tilleda. In Tilleda existieren alle Geländevorteile. Neben einer Kernburg mit 65 m Breite und 90 m Länge ist ein Wohnturm (aus Holz), eine einräumige Halle für Staatszeremonien und Festlichkeiten und eine Kirche. Dazu ist eine Vorburg mit insgesamt 5 ha Fläche vorhanden, von denen Waffen und Bekleidung hergestellt wurde sein können. Allerdings findet in der Zeit nach den Römern keine einheitliche Kriegerdarstellungen. Das alles ist in Memleben auch nicht zu finden, und das, obwohl Memleben einer der beliebtesten Königspfalzen war.
Mehrere Gründe wären überlegbar. Die bekannten Königspfalzen wurden von Reichshöfen umgeben, um genügend Essen und Trinken zu ermöglich. Die Reichshöfe waren wie die Königspfalzen selbst mit Burgen gesichert. Die Burgen waren zu Beginn der Ottonenzeit Holzburgen mit einem Wehrbau aus Holz, wie das in Tilleda zu sehen ist. Das war sicher auch für Memleben vorhanden. Und die o.g. Sage erzählt das indirekt. Benannt sind die Ort Wiehe, Wohlmirstedt, Allerstedt, Bucha, Memleben, Roßleben und Wendelstein. Nähere Untersuchungen zeigen, dass in diesen Orten Burgen existiert haben. Öberall war Trinkwasser aus kleinen Bächen zur Sicherung möglich. Zentral war davon sicher Memleben.
Eine zweite Sache für Memleben ist denkbar. Die Königspfalz Tilleda ist auf einem Hügel, der Ort selbst in einiger Entfernung unterhalb des Hügels. Warum soll das nicht auch für Memleben existiert haben. Es gibt zwei Hügel ganz in der Nähe, den Schadenberg mit etwa 2 ha und den Eichberg mit etwa 4 ha (geschäßt). Zwischen Memleben und Bucha gibt es auf der westlichen Seite eine Straße, in östlicher Richtung einen Wanderweg. Das wäre eine Begehung von allen Seiten. Der Eichberg ist flächenmäßig größer und etwas weniger hoch. Ist das die Tilleda vergleichbare erhöhte Pfalz?
Zwischen Memleben und Großwangen in Richtung Nebra ist die „Altenburgschanze“, eine ehemalige Wallanlage. War das vielleicht die Königspfalz? Die heutige Waldfläche ist mit 17 ha etwa so groß wie die Königspfalz Tilleda. Allerdings könnte die „Altenburg“ schon zur Zeit der Thüringer eine wichtige Rolle gewesen sein. Zu der Zeit soll die Wallanlage eine der Größten Thüringens gewesen sein. Dann, zur Zeit der Franken und Sachsen, könnte die ackermäßige Nutzung mit Memleben bedeutungsvoller geworden sein.
Und theoretisch wäre auch noch gegenüber der „Altenburgschanze“ im Mittelberg des Ziegelrodaer Waldes eine ehemalige Burg auf einem Burghügel. Die entsprechende Burg war als Burg bis ins 13. Jahrhundert eine bedeutende Burg. Beschrieben ist, dass dort die Ludowingischen Landgrafen feierten. Schon zur Zeit der Ottonen soll ein direkter Weg zur Burg Wendelstein gewesen sein. Findet man also in dieser Gegend nicht nur vor viertausend Jahren mit der Himmelsscheibe ein Zentrum der Menschen, sondern auch zur Zeit der Karolinger und ihren Nachfolgern, den Ottonen?